Tafel 10
Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit


Die "Protokolle der Weisen von Zion", eine antisemitische Broschüre. Sie dokumentiert eine angebliche Verschwörung der Juden, die Weltherrschaft zu erlangen. Sie wird von der zaristischen Geheimpolizei, der sogenannten Ochrana, Ende des 19. Jahrhunderts angefertigt. Vor dem Ersten Weltkrieg spielt sie keine größere Rolle, aber während der Zwischenkriegszeit wird sie zum grundlegenden Text, auf den sich die Antisemiten beziehen.

Antisemitisches Plakat, auf dem jüdische Lehrer angegriffen werden. Übersetzung: Lehrer - Jude, haßt: katholische Religion, polnisches Volk, nationale Armee verbreitet: Gottlosigkeit, Kommunismus, Pazifismus

Der Präsident der Republik Polen, Gabriel Narutowicz (1865-1922), nach seinem Amtseid im Sejm am 11. Dezember 1922. Er wird u.a. dank der Stimmen des Blocks der nationalen Minderheiten gewählt. Im Verlauf einer brutalen Hetzkampagne der polnischen Nationalisten wird er als "jüdischer Präsident" beschimpft und schließlich von einem Fanatiker am 16. Dezember ermordet.

Eine Straße in Mińsk Mazowiecki (östlich von Warschau) nach antijüdischen Ausschreitungen im Juni 1936.

Orte der bedeutendsten antijüdischen Ausschreitungen in Polen in den Jahren 1935-37. Es werden rund 100 antijüdische Exzesse gezählt.

Das Zusammenleben vieler Nationen im unabhängigen Polen (im Jahre 1921: 65 Prozent Polen, 20 Prozent Ukrainer und Weißrussen, 10,5 Prozent Juden, 3,9 Prozent Deutsche) ist nicht ganz einfach. Die Verschiedenheit der Sprache, der Religion und der Bräuche führt dazu, daß Polen und Juden gewissermaßen nebeneinander leben. Der Antisemitismus der Zwischenkriegszeit hat vor allem politische und wirtschaftliche Ursachen. Er ist charakteristisch für die Programme der nationalistischen Parteien. In den 30er Jahren, insbesondere nach dem Tod von Marschall Józef Piłsudski (1935), beginnt auch die Regierungspolitik antisemitische Züge anzunehmen. So wird ein Gesetz über die Einschränkung der Ritualschlachtung verabschiedet, und der Wirtschaftsboykott wird durch offizielle Stellen geduldet.

In einer Atmosphäre der Propaganda und Provokation kommt es immer öfter zu Überfällen und Unruhen. Antisemitische Parolen werden auch von akademischen Kreisen aufgegriffen. Die Universitäten werden zu einem Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen, die von Studenten der nationalistischen Bewegung angezettelt werden. Unter ihrem Druck weisen einige Universitätsverwaltungen den Juden bestimmte Bankreihen in den Hörsälen zu (sogenannte Bankghettos). Darüber hinaus wird der Zugang der Juden zum Studium gewisser Fakultäten durch die Einführung des Numerus clausus beschränkt.

"Polen den Polen". Wirtschaftsboykott gegen Juden im Jahre 1936. Aufgrund der Wirtschaftskrise, unter deren Folgen sowohl Christen als auch Juden leiden, verstärken sich die Anzeichen eines ökonomischen Antisemitismus. Dies wird seitens der Regierung geduldet. So verkündet Premierminister Felicjan Sławoj-Składkowski in einem Exposé: "Ein ökonomischer Kampf ja, aber ohne Tätlichkeiten".





     
A & K Woźniak